Wie Spuckschutzwände hergestellt werden

Kategorie: Stories

Hast du dich schonmal gefragt, woraus diese transparenten Hygienewände gemacht sind, die seit der Pandemie in allen Geschäften hängen? Klar - ein Kunststoff. Genauer gesagt Acrylglas. Für die Klugscheißer unter euch kommt hier das Chemiewissen dazu!

Der transparente Kunststoff schützt vor einer Infektion mit dem Virus, das über Aerosole in der  Luft übertragen wird. (Foto: Kaboompics, CC0)

Der transparente Kunststoff schützt vor einer Infektion mit dem Virus, das über Aerosole in der Luft übertragen wird. (Foto: Kaboompics, CC0)

Diese transparenten Spuckschutzwände bestehen meistens aus einem transparenten Kunststoff, dessen "chemischer Name" Polymethylmethacrylat ist. Abgekürzt PPMA - oder bekannter unter dem Namen Acrylglas. Der ist leichter und splitterfreier als Glas.

Herstellung der Hygienewände

PMMA entsteht durch Polymerisation des monomeren Methacrylsäuremethylesters. Das war jetzt viel Chemie. Erklären wir es einfacher.

Es gibt mehrere Verfahren, wie dieser Kunststoff hergestellt wird. Hier erklären wir auf eine vereinfachte (!) Weise das C3-Verfahren (ausgehend von Aceton). Dieses chemisch-technische Verfahren hat sehr aufwändige Produktionsschritte. Fangen wir mit den Ausgangsstoffen an:

  • Sauerstoff
  • Methan
  • Ammoniak

Diese Drei werden, sehr vereinfacht gesagt, in 7 (8) Schritten zur Schutzwand verarbeitet:

  1. Das Ammoniak wird verdampft und anschließend mit Methan und Sauerstoff vermischt. Das Ergebnis des so genannten Andrussow-Verfahren, das nach seinem Erfinder Leonid Andrussow benannt ist, heißt Cyanwasserstoff.
  2. Cyanwasserstoff ist nicht nur eine brennbare, sondern auch eine sehr flüchtige Flüssigkeit. Weil sie sich so schnell aus dem Staub macht, wird sie direkt zur Reaktion gebracht – und zwar mit Aceton. (Deswegen C3-Verfahren, ausgehend von Aceton.)
  3. Das Ergebnis dieser Reaktion hat den schönen Namen Acetoncyanhydrin. Es ist ein ziemlich wichtiger C4-Baustein in der chemischen Industrie. Er spielt nicht nur beim Acrylglas eine Rolle, sondern auch in der Pharmazie oder bei der Herstellung von Duft- und Aromastoffen.
  4. Acetoncyanhydrin wird direkt umgesetzt. Und zwar mit Dihydrogensulfat. Dadurch entsteht Methacrylsäureamid.
  5. Das wird nun "verestert". Wie Vereisterung funktioniert. ist hier erklärt. Für uns führt das an dieser Stelle zu weit - wir konzentrieren uns auf das Ergebnis des Prozesses: Methylmethacrylat.
  6. Das Methylmethacrylat wird nun in einem weiteren Verfahrensschritt durch Destillation auf eine fast vollkommene) Reinheit gebracht.
  7. Und nun kommen wir zur eingangs erwähnten Polymerisation. Sie ist eine der wichtigsten Reaktionsarten in der Chemie: Mit ihr werden Kunststoffe gebildet. Der chemische Name für Kunststoffe ist - ihr könnt es euch denken - Polymer. Was passiert bei der Polymerisation? Unser Ausgangsstoff Methylmethacrylat wird mit einem Katalysator zur Reaktion gebracht. Die Mehrfachverbindungen des Monomers lösen sich dadurch auf und schließen sich neu zu Ketten zusammen. Das Ergebnis ist ein Polymer - Polymethylmethacrylat (PMMA).

Ex wie Extruder

Dieser glasähnlicher Kunststoff kann in verschiedene Formen und Farben gebracht werden. Wir kennen aufgrund der Pandemie alle die transparenten Platten in den Geschäften. Die Aufbereitung des PMMA passiert bei der sogenannten Extrusion. Das ist dann eigentlich Punkt 8 in unserer Erklärung, denn am Ende von 7. liegt das PMMA in Granulatform vor. Daraus müssen dann erst Platten (oder Rohre, Folien usw.) gemacht werden.

Die Verarbeitung zu solchen so genannten Halbzeugen nennt man Extrusion. Dabei wird das Granulat in Produktionsanlagen erhitzt, wodurch es weich und formbar wird. Am Ende der Maschine wird es dann durch eine Öffnung gepresst, die dem Acrylglas seine Form gibt. Zum Beispiel als Platte. Woraus dann eine Hygienewand geschnitten wird! So in "Topform" kann das Acrylglas dann in Geschäften angebracht werden.

Wenn ihr es noch chemischer wollt, schaut euch die Erklärung für PMMA von chemie.com an.

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