Frau Aysu, Sie haben mittlerweile erfolgreich Ihre Ausbildung abgeschlossen. War es einfach, eine Ausbildungsstelle zu finden?
"Ganz und gar nicht. Zum einen wusste ich vor ein paar Jahren noch nicht, welcher Ausbildungsberuf zu mir passt und zum anderen erhielt ich auf meine Bewerbungen nur Absagen. Über 70 hatte ich damals geschrieben."
Wissen Sie heute, woran das lag?
"Ich weiß es nicht genau. Ich gehe aber davon aus, dass es mit dem Abbruch des Abiturs zusammenhängt. Nachdem ich erfolgreich die Realschule abgeschlossen habe, wollte ich gemeinsam mit meinen besten Freundinnen das Abitur machen. Als diese aber in der 12. Klasse kurz vor dem Abschluss die Schule abbrachen, warf auch ich alles hin. Heute bereue ich das."
Wie ging es dann weiter?
"Nachdem ich lange vergeblich nach einer passenden Ausbildung suchte, wendete ich mich an mein regionales Jobcenter. Dort empfahl man mir die Initiative JOBLINGE."
Was ist das für eine Initiative?
"JOBLINGE hilft benachteiligten Jugendlichen dabei eine Ausbildung zu finden. Ich selbst habe mich zwar nie als benachteiligt gesehen, musste aber eingestehen, dass ich Hilfe brauchte. Für das JOBLINGE Programm musste ich zuerst in der Bewerbungsphase meine Motivation unter Beweis stellen, indem ich zwei Wochen lang gemeinnützige Arbeit in einer Grundschule leistete. Darauf folgten dann Orientierungs- und Praxisphasen, in der ich soziale und fachliche Kompetenzen vom JOBLINGE Team lernte und durch kleine Praktika erste Berufserfahrung sammelte. Die gegenseitige Unterstützung der anderen Teilnehmer half mir dabei und gab mir zunehmend mehr Selbstbewusstsein."
Und wie haben Sie nun Ihren Ausbildungsplatz gefunden?
"Das JOBLINGE Programm ermöglicht durch die Förderung mit „StartPlus“ ein sechsmonatiges Praktikum in der chemischen Industrie vor der eigentlichen Ausbildung. Dafür bewarb ich mich bei InfraServ, dem Betreiber des Industrieparks Kalle-Albert in Wiesbaden. Da dort aber nur naturwissenschaftliche und technische Ausbildungsberufe offen waren, bewarb ich mich zunächst als Chemikantin. Während des Vorstellungsgesprächs und beim Einstellungstest stellte sich dann aber heraus, dass ich besser für die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement geeignet war. Und so bot man mir ein Praktikum in diesem Bereich an. Das lief super und im Anschluss konnte ich die Ausbildung beginnen. Anfang des Jahres habe ich dann bereits nach 2,5 Jahren die Abschlussprüfung bestanden und wurde direkt von InfraServ übernommen – das war ein tolles Gefühl!"
Was würden Sie anderen Jugendlichen raten, die auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle sind?
"Es ist wichtig, zu wissen, was man erreichen will. Egal was passiert, man darf nie an sich zweifeln und aufgeben. Wenn man Ehrgeiz hat und etwas erreichen will, schafft man alles im Leben. Nur weil man es nicht alleine schafft, heißt das aber nicht, dass man ein schlechterer Mensch ist oder nichts kann. Manchmal hat man einfach Pech im Leben und braucht ein wenig Unterstützung. Doch sobald man seinen Weg gefunden hat, kann man auch der Beste werden."