Lernen ist harte Arbeit, das weiß Björn nur zu gut. Er hat sich seinen Job in der Anwendungstechnik beim Folienhersteller Renolit hart erarbeitet: Berufsbegleitend hat Björn jahrelang gebüffelt. Leicht gefallen ist ihm das nicht – denn er war niemals ein Musterschüler. „Meinen Hauptschulabschluss habe ich nur mit Ach und Krach geschafft“, erzählt er. „Ich war mit 16 Jahren echt eine faule Socke!“
Das rächte sich allerdings direkt. Als der junge Björn sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, hagelt es Absagen. Nach zig Versuchen hat er dann endlich Erfolg: „Ich durfte in einer kleinen Firma als Elektroinstallateur anfangen.“ Allerdings wird Björn schon nach wenigen Wochen entlassen. „Ich war wohl nicht gut genug.“
Mama Barthel hat indes schon Angst, dass aus ihrem Sohn nichts mehr wird. Sie drängt ihn, an einem Förderprogramm teilzunehmen: Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland, ein Jugend, Bildungs und Sozialwerk, bietet Unterricht an. Außerdem organisiert es Praktika in Unternehmen.
Praktikum als Türöffner
Björn kommt zu Renolit und lernt den Alltag eines Verfahrensmechanikers kennen. „Das hat mir gut gefallen.“ Also beschließt er, sich auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben – und bekommt ihn. „Trotz schlechter Noten. Aber im Praktikum hatte ich mir auch echt Mühe gegeben“, erinnert Björn sich heute.
Während der Ausbildung geht ihm die Arbeit leicht von der Hand, er schlägt sich super in der Praxis. Aber die Theorie ist immer noch schwierig. Trotzdem packt er die Prüfung – und wird übernommen. Björn arbeitet zunächst in der Produktion, wo er Fenster und Möbelfolien im Schichtdienst herstellt. Je weiter entfernt er von der Schulbank ist, desto besser schlägt sich der junge Mann: Er bekommt mehr und mehr Verantwortung, arbeitet sich hoch.
Aber irgendwann ist er auf der obersten Sprosse der Karriereleiter angekommen – ohne Weiterbildung geht hier nichts mehr. Björn grübelt und beschließt: Er will eine Fortbildung zum Maschinentechniker mit Schwerpunkt Verfahrenstechnik machen. Er geht zu seinem Vorgesetzten bei Renolit, der ihn direkt unterstützt.
Als Björn seinem Vater von dem Plan erzählt, lacht der und hält das Ganze zuerst für einen Scherz. Dann meint er: „Probier es einfach. Aufhören kannst du dann ja immer noch.“
Vier Tage in der Schule
Das macht Björn Mut, er beginnt 2007 seine Weiterbildung: „Vier Tage pro Woche von 17.30 Uhr bis 20 Uhr zur Schule gehen. Und das vier Jahre lang.“ Und noch immer hat sich nichts geändert: Das Lernen fällt Björn nicht leicht. Am Wochenende mit den Jungs rausgehen? Einfach mal vorm Fernseher rumhängen? Steht alles hintenan. Hin und wieder büffelt Björn auch samstags und sonntags.
Das zahlt sich aber aus: 2011 hat er seinen Abschluss in der Tasche. „Der ist mir nicht so einfach zugeflogen“, sagt er. Im Job bringt ihm seine neue Qualifikation aber erst einmal herzlich wenig: Dreimal bewirbt er sich auf freie Positionen im Haus. Ohne Erfolg. Nebenher lernt er Englisch: „Das braucht man einfach für eine andere Stelle“. Also kauft er Bücher, büffelt Vokabeln, besucht Kurse in der Volkshochschule. Filme sieht er sich nur noch auf Englisch an.
Und jetzt läuft es: Björns vierte Bewerbung überzeugt. 2013 gibt’s den Vertrag, zunächst für ein Jahr auf Probe. Das ist mittlerweile Geschichte, „ich sitze jetzt fest im Sattel“, sagt Björn. Heute managed er Projekte und berät Kunden überall auf der Welt. „Ich muss öfter reisen, auch nach Amerika, Russland und Indien“, erzählt er.
„Die ganze Mühe hat sich gelohnt: Ich bin endlich am Ziel!“