Der Süden Brasiliens
Bevor ich euch von der eigentlichen Reise berichte, gibt es noch ein paar Dinge vorab zu erklären. Was ist wohl das Erste, was einem in den Sinn kommt, wenn man an Brasilien denkt? Bei mir waren es Sonne, Volleyball am Strand und Caipirinha. So geht es wohl den meisten.
Als uns dann erzählt wurde, wo es genau hingeht und wir uns über die Region informiert haben, wurde mir schnell klar, dass ich mich von meinen Vorstellungen verabschieden kann. Der Süden Brasiliens ist ganz anders als der Rest des Landes. Das Klima im Norden Brasiliens ist tropisch, es ist das ganze Jahr über warm, wohingegen das Klima im Süden eher so ist wie bei uns in Deutschland mit kalten, regnerischen Wintern und warmen, sonnigen Sommern.
Der Süden ist auch wirtschaftlich stärker als der Norden, das Bildungsniveau ist etwas höher und die Arbeitslosenquote niedriger. Da es viele landschaftliche Regionen gibt, spielt die Landwirtschaft eine große Rolle. Kein Wunder, es ist ordentlich Platz vorhanden. Wenn man durch die ländlichen Regionen fährt, kann es passieren, dass Kilometer lang kein einziges Haus zu sehen ist, nur hin und wieder mal eine Kuh, die auf einer Wiese grast. Die einfache Erklärung dafür, das südlichste Bundesland Rio Grande do Sul ist flächenmäßig etwa so groß wie Deutschland, hat aber achtmal weniger Einwohner.
Also wie ihr bemerkt habt, Sonne und Strand gab es nur in meiner Fantasie, guten Caipirinha allerdings auch auf dem Land.
Die Reise
Im August 2018 ging es für uns von Frankfurt über Sao Paulo nach Porto Alegre, der Hauptstadt des Bundeslandes Rio Grande do Sul. Nach 14 Stunden Flug wurden wir dort abgeholt und es ging raus aus der Großstadt zwei Stunden lang über Landstraßen zu unserer neuen Heimat für die nächsten drei Wochen: Eine Stadt namens Lajeado, etwa vergleichbar mit Koblenz.
Unser Gast-Arbeitgeber, eine private Universität namens Univates, stellte uns ein eigenes Appartement in einem Haus, extra für die Auslandsstudenten in Universitätsnähe zur Verfügung.
Unser brasilianische Arbeitsalltag
Am ersten Tag wurde uns das gesamte Universitätsgelände während eines Rundganges gezeigt. Beeindruckend, wie groß das Gelände ist und wieviel die Universität zu bieten hat. Am zweiten Tag ging es dann direkt los.
Vor Beginn der Reise bekamen wir einen ungefähren Ablaufplan zugeschickt, so konnten wir sehen, wann uns welche Tätigkeiten erwarten. Unseren Anfang machten wir im International Relations Department. Die Mitarbeiter hier sind zuständig für die Austauschstudenten der Univates. Sie kümmern sich um alle Anliegen, knüpfen neue Kontakte und versuchen neue Partneruniversitäten zu gewinnen. Danach besuchten wir alle anderen Abteilungen der Univates. Vom Financial Controlling über das Human Resource Department bis hin zum riesigen Technologiepark der Universität.
Richtig mitarbeiten konnten wir in den Abteilungen leider nicht, da das Warenwirtschaftssystem und alle Arbeitsabläufe auf Portugiesisch waren. Wir führten immer einen intensiven Dialog mit den Mitarbeitern und verglichen die Arbeitsweisen in Brasilien mit denen in Deutschland. So konnten wir einiges dazulernen, unser gelerntes Fachwissen der Ausbildung anwenden und fundieren sowie unsere Sprachkenntnisse, vor allem in Englisch, enorm verbessern.
Außerdem bekamen wir die einzigartige Möglichkeit, verschiedene Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu besuchen. Von der Süßwarenbranche bis hin zur Viehzucht war nahezu alles vertreten. Die Unternehmen nahmen uns sehr herzlich auf, erklärten uns alles und kleine Gastgeschenke gab es auch im Überfluss.
(Gast-)Freundschaft erleben
Das wohl beste an unserer Reise nach Brasilien waren aber ganz klar die Menschen, die wir dort kennenlernen durften. Wir waren noch keine 5 Minuten in unserem Appartement angekommen, da klingelte es schon an der Tür und ein paar Mitbewohner, mit denen wir ein Haus teilten, begrüßten uns und boten uns Essen an.
So richtig kennenlernen konnten wir unsere Mitbewohner bei einem Trip nach Gramado, einer Stadt etwa 3 Stunden von Lajeado entfernt, berühmt für ihre Schokolade und Sehenswürdigkeiten. Mit dem Bus ging es früh morgens los und direkt war die Stimmung gut. Wir wurden sofort in die Gruppe integriert und hatten eine Menge Spaß. Ab diesem Tag unternahmen wir sehr viel mit unseren Mitbewohnern. Die meisten kamen aus Kolumbien, aus Peru, Argentinien und Spanien waren aber auch ein paar vertreten. Aber nicht nur unserer Mitbewohner, wirklich alle Menschen die wir in Brasilien kennenlernen durften waren immer nett, zuvorkommend und hilfsbereit. Das Interesse, das uns entgegengebracht wurde war atemberaubend. Wenn ich abends nach Hause kam, blinkten einige WhatsApp-Nachrichten von fremden Nummern oder 3 neue Facebook Anfragen auf dem Smartphone auf, weil jeder was mit "den Deutschen" unternehmen wollte.
Wir bemühten uns, etwas mit so vielen verschiedenen Personen wie möglich zu unternehmen. Unternahmen wir nicht gerade etwas mit dem Freundeskreis Arroio do Meio – Boppard, welcher uns während der gesamten Zeit unterstützte, gingen wir zum Churrasco (Brasilianisches BBQ, sehr zu empfehlen) mit unseren Freunden, machten einen Rundflug mit unserem Buddy Leonardo oder tranken einen ganz frischen self made Caipirinha auf der Farm unserer Freunde, die selbst schon nach Deutschland gereist waren.
Unser Fazit
Alles in Allem kann ich sagen, dass die Reise ein voller Erfolg war. Wir konnten eine neue Kultur kennenlernen, unsere fachlichen und sprachlichen Kompetenzen weiterentwickeln und neue Kontakte knüpfen. Auch persönliche Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Offenheit sowie Eigeninitiative wurden gefördert. Ich würde jedem eine Reise in den Süden Brasiliens empfehlen, die Landschaft hat einiges zu bieten und die brasilianische Gastfreundschaft sollte jeder mal erlebt haben. Brasilien ist auf jeden Fall eine Reise Wert!