Studium abbrechen, Ausbildung anfangen
Sein Studium abzubrechen, ist für viele eine schwierige Entscheidung. Denn was kommt danach? Wie schreibt man dann die nächste Bewerbung? Ist man dann zu alt für einen Neuanfang? Wie kommt so etwas bei Arbeitgebern an? Hier sind die Antworten.
Warum brechen Studierende ihre Studium ab?
"Die Beweggründe sind meist der mangelnde Praxisbezug und Leistungsschwäche", sagt Kathrin Scheitza von der Chemischen Fabrik Budenheim. "Sie sehen in einer Ausbildung die Chance, einen Beruf in ihrem Wunschbereich zu lernen und einen vollwertigen Abschluss in der Tasche zu haben. Über den zweiten Bildungsweg kann man sich immer noch weiterbilden, zusätzliche IHK-Abschlüsse erwerben, oder später studieren, wenn man weiß, in welche Richtung es gehen soll." Eine Ausbildung ist also keine berufliche Sackgasse - eher ein Umweg. Und der erweitert bekanntlich die Ortskenntniss.
Bewerten Personaler die Bewerbung von Studienabbrechern kritisch?
Manche Leute haben das Vorurteil, dass es Studienabbbrechern an Durchhaltevermöge fehle. Und dass das Verhältnis von älteren Azubis zu ihren jüngeren Azubi-Kollegen und zu ihren Ausbildern schwieriger sei. Stimmt das? „Nein, auf keinen Fall“, weiß Sascha Kretz, Leiter der Leiter der naturwissenschaftlichen Ausbildung von Grace in Worms, aus Erfahrung.
Sind Studienabbrecher zu alt für eine Ausbildung? Anette Orth von Thor in Speyer meint: „Bei einem Azubi pro Jahrgang spielt das Alter weniger eine Rolle, als wenn zum Beispiel fünf andere, oft erst 16jährige Azubis, im Ausbildungsjahrgang sind. Es bleibt auf jeden Fall immer eine Einzelfallentscheidung." Es gibt immer wieder Azubis, die erst mit Anfang oder Mitte 20 eine Ausbildung beginnen. (Sogar die Chemie-Förderprogramme für Jugendliche nehmen Kandidaten, die 25 Jahre alt sind.)
Der Zeitpunkt des Abbruchs ist wichtig
Da hängt es schon eher vom Zeitpunkt des Studienabbruchs ab. Kathrin Scheitza gibt ein Beispiel:
"Bei einem Studienabbrecher im zweiten Semester Chemie, der sich auf eine Ausbildung zum Chemielaboranten bewirbt, weil ihm das Studium zu theoretisch oder vielleicht auch zu schwer ist, sind die Beweggründe und seine Entscheidung schlüssig. Bewerber, die schon zwei Studienrichtungen eingeschlagen haben und nach dem sechsten Semester ihr Studium aufgeben, werden intensiver befragt."
Die Betriebe sind prinzipiell offen für Bewerber, die eine zweite Chance nutzen möchten
Kathrin Schaitza bewertet die reale Selbsteinschätzung und den Mut, den die Studienabbrecher aufbringen, positiv. Auch bei Thor steht man Bewerbungen von Studienabbrechern offen gegenüber: "Solange die Entscheidung begründet werden kann und die Persönlichkeit passt, " sagt Annette Orth.
Abbrecher bringen gute Eigenschaften mit
Und Sascha Kretz sieht viele positive Eigenschaften bei Abbrechern: „Sie sind in der Regel reifer. Manchmal ist es für eine Gruppe gut, wenn sie heterogen (verschiedenartig, Anm.d.R.) zusammengesetzt ist. Dadurch ergeben sich viel mehr Synergien, da diejenigen, die schon Vorwissen haben, den anderen helfen können. In der Regel wissen diese Bewerber genau, wohin Sie wollen. Sie haben ein klares Ziel, da der erste eingeschlagene Weg nicht funktioniert hat. Sie sind engagiert und laufen in der Regel problemlos durch die Ausbildung.“
Und Scheitza ergänzt: "Abbrecher haben oft gute Abiturabschlüsse und mehr Fachwissen; sie werden erfahrungsgemäß eine gute Ausbildung absolvieren und wenig Probleme mit dem Berufsschulstoff bekommen."
Haben Studienabbrecher Chancen, ihre Leistung aus dem Studium angerechnet zu bekommen?
Jein. Wie selbstverständlich angerechnet wird das Studium nicht, denn „thematisch liegen Studium und Berufsausbildung meistens weit auseinander“, erklärt Anette Orth.
Das sieht auch Sascha Kretz so: „Möglich ist es, wenn der Azubi im gleichen Bereich bleibt, in dem er studiert hat. Aber eine pauschale Anrechnung gibt es nicht. Es gibt immer die Möglichkeit, mit guten Leistungen in den ersten beiden Jahren die Ausbildung um ein halbes Jahr zu verkürzen. Das liegt dann an jedem Azubi selbst.“
Erfolgsbeispiele von Abbrechern und Quereinsteigern
- Studienabbrecher in der Chemie-Branche - wie die Ausbildungsleiterin von Zschimmer & Schwarz sie einschätzt
- Studienabbrecher: Gute Chancen für den Einstieg ins Berufsleben?
- Zurück auf Start für den Wunschberuf
- Erfolg im zweiten Anlauf
- Auch Quereinsteiger haben eine Chance, wie wir aus erster Hand von zwei Ausbildern erfahren haben.
- Und hier direkt ein Beispiel: Von England nach Ahrweiler