Haben Sie schon mal einen Herzmuskel beim Schlagen beobachtet? Mit diesem faszinierenden Anblick werden die Besucher der Herzblut-Ausstellung im Technoseum empfangen: Ein Linksherzunterstützungssystem unterstützt Menschen, die auf eine Herztransplantation warten und deren Herz keine ausreichende Pumpleistung mehr erbringt.
Ein riesiger Fortschritt der heutigen Zeit. Das war vor 400 Jahren noch nicht möglich. Die Anfänge und Entwicklungen der Medizingeschichte sind spannend und mit großen, revolutionären Entdeckungen verbunden.
Die Herzblut-Ausstellung im Mannheimer Technoseum befasst sich zurzeit mit genau diesem Thema. Dr. Alexander Sigelen ist der Leiter der Sonderausstellung – er beschreibt Herzblut als eine „Entdeckungsreise durch die Geschichte der modernen, naturwissenschaftlichen Medizin sowie ihrer technischen Instrumente und Geräte.“ Wir wollten mehr erfahren und haben ihm ein paar Fragen gestellt.
Dr. Sigelen, Sie sind Kurator der Ausstellung Herzblut im Technoseum in Mannheim. Mit welchen drei Worten würden Sie die Ausstellung beschreiben?
"Drei Worte sind etwas wenig, aber drei Aspekte möchte ich hervorheben: Beim Rundgang gibt es erstens eine Vielfalt von spannenden Themen zu entdecken. Dabei war es uns wichtig, neben den technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklungen auch die gesellschaftlichen Fragen zu thematisieren, die sich damit verbinden. Interaktivität ist der der zweite Aspekt: In der Ausstellung kann man nicht nur historische und aktuelle Exponate sehen, sondern technische Zusammenhänge auch durch eigenes Ausprobieren erfahren. Drittens ist die Ausstellung eine Wissenschaftsausstellung, in der man spannende Entdeckungen machen und viel erfahren kann über Medizintechnik, aber auch über den menschlichen Körper und die Vorstellungen, die sich die Menschen zu verschiedenen Zeiten von ihm machten."
Wie ist die Idee entstanden, die Ausstellung ins Leben zu rufen?
"Die Idee entstand aus unserer Sammlung von Objekten zur Medizingeschichte und -technik heraus, die inzwischen 3.000 Stücke umfasst. Das älteste ist eine Amputationssäge aus dem späten 17. Jahrhundert, die jüngsten Sammlungsstücke stammen aus der jüngsten Vergangenheit, wie etwa ein OP-Assistenzsystem – sehr vereinfacht gesagt: ein "OP-Roboter" – aus dem Jahr 2000. Diese Objekte wollten wir im Rahmen eines Rundgangs durch die Geschichte der modernen, naturwissenschaftlich fundierten Medizin und ihrer technischen Instrumente und Geräte vorstellen. Wichtig war es uns aber, nicht nur zurück zu blicken, sondern auch den aktuellen Stand und Zukunftsforschungen darzustellen. Dies ist uns dank der Unterstützung zahlreicher Kooperationspartner aus Wissenschaft und Wirtschaft auch gelungen."
Wie schafft man es, 400 Jahre Geschichte der Medizintechnik auf 900 Quadratmetern darzustellen?
"Das schafft man nur, indem man beispielhaft arbeitet, wesentliche Entwicklungslinien herausgreift und diese an anschaulichen Exponaten darstellt. Dennoch haben wir viele Facetten des Themas aufgegriffen. Denn es wirft neben medizinischen, technischen und naturwissenschaftlichen Aspekten viele gesellschaftliche und ethische Fragen auf, ganz aktuell etwa die Frage, wie Medizintechnik auf den Demographischen Wandel reagieren kann."
Mit welchen Methoden lässt sich die Thematik spannend und anschaulich erklären?
"Zum einen ist dies die Auswahl interessanter Exponate, die medizinische Verfahren und Methoden aus Geschichte und Gegenwart anschaulich machen. Zum anderen steht bei uns im Haus immer die Idee im Mittelpunkt, technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge durch eigenes Experimentieren und Vorführungen erlebbar zu machen. So gibt es in der Ausstellung zahlreiche Mitmachstationen, die man selbst ausprobieren kann oder an denen unsere TECHNOscouts etwas vorführen sowie einen Labortisch mit einfachen Versuchen zur klinischen Chemie oder einer Demonstration zur Händehygiene. Außerdem haben wir für Kinder, aber nicht nur für sie, eine Ausstellungsrallye zusammengestellt, bei der es zu jedem Themenbereich der Ausstellung eine Karteikarte mit Fragen oder einfachen Versuchen gibt. So kann man zum Beispiel den "blinden Fleck" im eigenen Auge sehen oder sich an einem Chirurgenknoten versuchen."
Was hat Ihnen als Verantwortlichen der Ausstellung in der Vorbereitung am meisten Spaß gemacht?
"Besonders viel Spaß gemacht hat es mir, nach möglichen Themen und Exponaten zu recherchieren, mehr darüber zu erfahren und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit unseren Kooperationspartnern aus Medizin und Medizintechnik zu überlegen, wie man diese spannend und verständlich darstellen kann."
Warum sollte man Herzblut Ihrer Meinung nach auf jeden Fall besuchen?
"Die Medizin hat die Welt, in der wir heute leben, ganz entscheidend mit geformt. Viele ihrer Errungenschaften sind uns heute so selbstverständlich, dass wir uns oft nicht bewusst sind, dass auch sie eine Geschichte haben. Die Medizin und ihre Technik haben große Erfolge erzielt – viele dieser Fortschritte kann man in der Ausstellung ganz "hautnah" sehen – und sind Gegenstand vieler Hoffnungen, zugleich aber auch intensiver Auseinandersetzungen. Denn in wohl keinem anderen Feld berührt Technik den Menschen so unmittelbar – in vielfältigem Sinne. Über all dies kann man sich in der Ausstellung grundlegend auf eine anschauliche und lebendige Weise informieren und sich ein eigenes Urteil bilden."