Die Geschichte des Düngers ist ziemlich alt: Schon die Römer streuten Mist auf ihre Felder, damit die Pflänzchen besser wuchsen. Das war zur Notwendigkeit geworden, wenn man „stationären“ Ackerbau betreiben wollte – es sei denn, man ließ die Felder lange brach liegen, damit sich der Boden wieder erholen konnte.
Letzteres war irgendwann aber keine Option mehr: Es gab zu viele Menschen zu ernähren. Die Bauern hatten nicht genug Stallmist, um die Felder ausreichend mit Dünger zu versorgen. Im 18. Jahrhundert begannen die Landwirte daher, den Mist zu verflüssigen – also Jauche bzw. Gülle auf den Feldern zu verteilen.
Liebig gibt den Anstoß
So richtig in Schwung kam die Sache mit dem Dünger 1840 durch den deutschen Chemiker Justus Liebig, später Freiherr von Liebig. Er galt als einer der größten Forscher seiner Zeit und begründete mit seiner Lehre der Mineraldüngung den Auftakt der modernen Landwirtschaft.
Liebig hatte verstanden, dass eine Pflanze „atmosphärische“ Nährstoffe wie Stickstoff und „mineralische“ Nährstoffe wie Phosphate braucht. Liebigs These: Es müsste möglich sein, fehlende mineralische Nährstoffe im Boden durch eine gezielte Mineraldüngung zu ersetzen.
Lawes vs. Liebig
Daher wurden bald leicht lösliche Mineralsalze industriell hergestellt. So entwickelte der englische Forscher John Bennet Lawes das sogenannte Superphosphat: Der Wissenschaftler behandelte gemahlene Knochen mit Schwefelsäure – dadurch konnte das Phosphor leichter von den Pflanzen aufgenommen werden.
Den englischen Lawes und den deutschen Liebig verband gewissermaßen ein Battle. Lawes gab Liebig darin recht, dass Pflanzen Mineralstoffe brauchen. Der Deutsche entwickelte aber auch die These, dass man das Grünzeug quasi nur aus der Luft heraus ernähren könnte: Liebig hatte dabei die Stickstoffmengen im Blick, die in der Atmosphäre vorhanden sind.
Lawes legte Feldversuche an, um zu beweisen, dass man Pflanzen eben nicht aus der Luft versorgen könne. Auch in Publikationen lieferten die beiden Forscher sich heftige Diskussionen.
Woher kriegt man Stickstoff?
Tatsächlich können Pflanzen den Stickstoff aus der Luft nicht verwerten. Die Substanz muss erst für sie nutzbar gemacht werden. Im 19. Jahrhundert gab es aber nur eine Quelle für Stickstoffdünger: die Salpetervorkommen im Grenzgebiet von Chile, Peru und Bolivien.
Im Jahr 1898 warnte der englische Physiker William Crookes in einer Rede, dass diese Vorräte bei steigender Bevölkerungszahl bald nicht mehr ausreichen würden, um die Menschheit zu ernähren. Auch Crookes sah nur einen Lichtblick: dass es Chemikern gelänge, den Stickstoff aus der Luft zu fixieren.
„Brot aus der Luft“
Unter dem Schlagwort „Brot aus der Luft“ begannen Forscher, im Labor entsprechende Verfahren zu entwickeln. Eines der zwei hoffnungsvollsten entstand unter der Regie des deutschen Chemikers Adolph Frank. Der hatte sich bereits um die Suche nach Düngemitteln verdient gemacht: Er hatte erkannt, welch große Bedeutung Kalisalz für Pflanzen hat. Das darin gebundene Kalium ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe. 1861 errichtete Frank die erste Kalifabrik.
Sein Verfahren, um Stickstoff zu binden, war aber noch nicht der große Wurf. Der gelang mehr als ein Jahrzehnt später Fritz Haber und Carl Bosch.
Das Haber-Bosch-Verfahren
Sie entwickelten einen Prozess, mit dem sie Ammoniak aus atmosphärischem Stickstoff und Wasserstoff synthetisieren konnten. Ammoniak wird als Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Synthesen verwendet – und ist quasi der „Grundstoff“ für Dünger.
Haber und Bosch nannten ihre Vorgehensweise, ganz einfallsreich, Haber-Bosch-Verfahren. Es wurde 1910 von der Ludwigshafener BASF zum Patent angemeldet. Beide Forscher erhielten für ihre Idee 1919 den Chemie-Nobelpreis. Die Kehrseite ihrer Entdeckung: Damit ließ sich auch Sprengstoff herstellen.
Das Haber-Bosch-Verfahren ist heute noch die Grundvoraussetzung für einen Großteil der Stickstoffchemie – und damit weiterhin wichtig für Mineraldünger. Ohne den kommt die moderne Landwirtschaft nicht aus, sagt das Umweltbundesamt. Das Problem: Das Haber-Bosch-Verfahren ist ziemlich energieintensiv – und damit nicht gerade umweltfreundlich. Wissenschaftler arbeiten daran, dieses Manko zu beheben.
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