Sehr viele sehr junge Menschen bevölkern am 21. September 20119 den großen Hörsaal der Fakultät für Chemie und Mineralogie der Universität Leipzig. Alle sind Schüler aus sächsischen Schulen und haben erfolgreich bei „Chemkids“ teilgenommen, dem Experimentalwettbewerbs für Schüler der 4. bis 8. Klasse. Pro Schuljahr lösen die Kinder freiwillig zwei voneinander unabhängige Aufgaben. Am Wettbewerb mit dem Maskottchen „Rundi“ können sich Mädchen und Jungen aller Schularten in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligen. Unterstützt wird Chemkids von vielen Unternehmen, auch vom Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Nordost.
Rekordjahr in Sachsen
Allein in Sachsen haben bei der Herbstrunde 2018/19 genau 742 Schülerinnen und Schüler mitgemacht. Sie beschäftigten sich mit der Chemie des Tintenkillers und sie mischten ihre eigenen Geheimtinten. Im Frühjahr sind dann 392 Arbeiten eingereicht worden. Damit haben im letzten Schuljahr im Freistaat 1134 Arbeiten aus 15 Grundschulen, 7 Oberschulen und 52 Gymnasien am Wettbewerb teilgenommen. „Das waren so viele wie noch nie“, freut sich Dr. Jens Viehweg. Der 51-Jährige ist Chemielehrer am Sankt Afra Gymnasium in Meißen und seit dem Start des Wettbewerbs im Jahr 2003 Landeskoordinator von Chemkids in Sachsen.
Gewonnen haben natürlich alle, die beteiligt waren. An Wissen zum Beispiel und wie man es erwirbt, an Spaß. Und für ihren Forschergeist haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit einem „sehr erfolgreich“ abschnitten, Buch- und Sachpreise überreicht bekommen. Zwölf Schüler der Klassen 7 und 8, die bereits in den letzten Jahren für ihre exzellenten Arbeiten ausgezeichnet wurden, haben das ganz große Los gezogen: Sie bekommen nun die Möglichkeit, ihr Interesse für die Chemie mit Schülern aus anderen Bundesländern bei mehrtägigen Experimentalseminaren an der Hochschule Merseburg oder der Universität Mainz zu teilen.
Wissbegier muss man fördern
Wie erreicht man so viele junge Leute? Jens Viehweg muss da nicht lange überlegen. „Das Interesse an naturwissenschaftlichen Zusammenhängen ist bei allen Kindern vorhanden“, sagt der 51-Jährige. „Sie wollen wissen, warum der Himmel blau ist und weshalb das eine funktioniert, das andere wiederum nicht.“ Diese Wissbegier müsse man fördern. Wie etwa mit der Aufgabenstellung für die aktuelle Wettbewerbsrunde: Wie kann man aus Kartoffeln eine essbare Folie herstellen und wie lässt sich die Kartoffel dabei komplett nützlich verwerten?
„Die Idee des Wettbewerbs ist es, dass die Kinder die Fragestellungen aufgreifen und gemeinsam mit Eltern oder Lehrern nach Lösungen suchen“, so Jens Viehweg. Dies entwickle bei den Kindern das Vermögen, sich selbst Fragen zu stellen, Lösungen zu suchen und dafür die eigenen Wege zu finden. „Die Kinder sollen selbst experimentieren, nachprüfen und Zusammenhänge herausfinden.“
Lehrer aus Berufung
Jens Viehweg hat zum Anfang seiner Berufskarriere selbst als Wissenschaftler gearbeitet, Studenten und Doktoranden betreut. „Die meisten waren auf Forschung nicht vorbereitet“, berichtet er. „Sie wussten zwar alles, was in den Büchern steht, konnten aber keine Fragen stellen.“ Er habe immer mehr den Eindruck gewonnen, dass dieses Problem schon im Schulunterricht seine Wurzel habe, in dem auswendig lernen statt fragen und nachdenken belohnt werde.
Um dem entgegenzuwirken, nimmt Jens Viehweg neben seiner Tätigkeit am Gymnasium die Arbeit als Wettbewerbskoordinator in Sachsen gerne auf sich. Er ist nicht nur Lehrer von Beruf, sondern Lehrer aus Berufung. Beispielsweise nutzt er jedes Jahr drei, vier Urlaubstage, um zu Hause am Küchentisch die neuen Aufgaben zu entwerfen. Ihm macht es Spaß, den Kindern augenscheinlich auch. Das unterstreicht nicht zuletzt der Beteiligungsrekord in Sachsen in diesem Jahr.