Er war TOP AZUBI CHEMIE 2022 in Baden-Württemberg – was wurde aus Leon?

Kategorie: Ausbildung, Stories, Baden-Württemberg, Industriekaufleute (m/w/d)

Leon erhielt seine Auszeichnung nicht nur für gute Noten, sondern vor allem für soziales Engagement. Wie fast alle Chemie-Azubis wurde er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Auch sein persönliches Projekt, der Erhalt der Artenvielfalt, entwickelte sich erfolgreich: Das Wiesengrundstück bei Freiburg soll Zuwachs bekommen – der ehemalige Azubi plant eine Streuobstwiese mit alten Arten anzulegen.

Der Schwalbenschwanz lebt gerne in sonnigem und offenem Gelände, wie mageren Grünlandbeständen und auf Trockenrasen. Auf Ackerflächen wird er nur vereinzelt gefunden. (Bild: Leon)

Die Blaue Holzbiene ist die größte heimische Wildbienenart. (Bild: Leon)

Das Gelände für sein Projekt hat Leon Scheffel von seinem Opa geerbt. (Bild: Leon)

Leon bekam seine Auszeichnung "Top Azubi Chemie" 2022. Er ist seinem Ausbildungsbetrieb, der Cerdia bei Freiburg, treu geblieben (Bild: Cerdia)

Du bist Deinem Unternehmen Cerdia treu geblieben. Was machst Du heute dort?

Nach erfolgreichem Abschluss aller Prüfungen und dem Bestehen der Ausbildung zum Industriekaufmann wurde ich in die Finanzabteilung übernommen.

Warum hattest Du Dich für Cerdia entschieden?

Schon Urgroßeltern von mir waren hier beschäftigt, es gibt also eine familiäre Verbindung. Und die frühere „Rhodia“ war ein bekanntes Unternehmen mit gutem Ruf.

Welche Produkte werden heute bei Cerdia hergestellt?

Wir stellen Filter Tow und Cellulose-Acetat her, welches unsere Kunden zu verschiedenen Produkten weiterverarbeiten. Für Cellulose-Acetat gibt es noch weitere Anwendungen, die wir erforschen. Es könnte auch anstelle von Mikroplastik eingesetzt werden, da es sich fast vollständig auflöst.

Du bist nach Deinem Abschluss im Unternehmen geblieben, wieso?

"Meine Ausbildung hier hat mir sehr viel gebracht. Der Umgang mit den Kollegen ist wertschätzend. Als Neuer kann man jederzeit Fragen stellen und alles wird beantwortet. Schon im zweiten Lehrjahr hatte ich viel Freiraum, ich habe mich ernst genommen gefühlt. Mir wurde außerdem ein unbefristeter Vertrag angeboten, was in anderen Branchen nicht selbstverständlich ist." Leon

Du warst 2022 einer der TOP AZUBIS CHEMIE im Südwesten. Bei der Auszeichnung geht es auch um soziales Engagement. Was ist das bei Dir?

Als mein Opa starb, habe ich sein Gartengrundstück übernommen. Er hat mir schon viel gezeigt, etwa wie man Bäume schneidet. Ich hatte irgendwann über Insektensterben gelesen und dann überlegt, was ich mit meinen begrenzten Mitteln dagegen tun kann. Ich habe dann ein Stück Wiese zu einem naturnahen Garten gemacht, mit einer Blühwiese. Außerdem bin ich in der „Stiftung100“ engagiert, einem Projekt, das in Armutsregionen Hilfe zur Selbsthilfe fördert.

Wie hat sich das Projekt bisher entwickelt?

Es ist wunderschön, das Aussehen der Wiese wechselt mit den unterschiedlichen Jahreszeiten und sehr viele Insekten tauchten plötzlich auf. Neue Themen waren dann ein „Käferkeller“ mit Totholz, was spezielle Käfer anlockt. Als wir einen Baum fällen mussten, blieb der Stamm stehen, dort lebt jetzt die blaue Holzbiene, die größte heimische Wildbiene. Auf einmal war richtig viel Leben in diesem Baumstumpf. Auch Vögel kommen wieder – Stieglitze, Blaumeisen und Rotkehlchen, für die gibt es Nistkästen. Da wir die Brennnesseln stehen lassen, gibt es viele Schmetterlinge, insbesondere Bläulinge. Grünschnitt fahre ich nicht mehr weg, dafür habe ich eine Benjeshecke angelegt. Das ist wie ein natürlicher Kompost, bietet Sicht- und Windschutz und gewährt Tieren Unterschlupf.

Hast Du eine bestimmte Philosophie bei deinem Hobby?

Wenn man die Wiese nicht intensiv bewirtschaftet und sich selbst überlässt, kommen die Arten recht schnell zurück. Ein paar Dinge habe ich unterstützend getan, etwa durch Ausbringen von Saatgut, um gewisse Arten im Zaum zu halten und anderen mehr Platz zum Atmen zu geben.

Gab es auch Probleme?

Am Anfang haben die Nachbarn das Projekt relativ kritisch betrachtet. Heute mähen sie auch nicht mehr wöchentlich den Rasen. Erstens sieht es schöner aus und auch der Gruppenzwang weicht sich ein bisschen auf.

Wie viel Zeit investierst Du in dein Hobby?

Im Frühling und Sommer ist es natürlich arbeitsintensiv, bis zur Erntezeit. Im Winter ist fast gar nichts zu tun. Ich kann aber nicht wirklich abgrenzen, was Arbeit ist und was Genuss, es kommen auch oft einfach Freunde vorbei zum Chillen.

Hast Du Pläne für die Zukunft?

Ich habe jetzt etwa 2.000 qm mit diesem Garten, spare aber, um weiteres Land kaufen zu können. Sobald sich die Chance bietet, schlage ich zu. Da würde ich gerne eine Streuobstwiese mit alten Sorten anlegen.

Würdest Du anderen eine Ausbildung in der Chemie empfehlen?

Auf jeden Fall. Eine gewisses Grundinteresse an der Chemie sollte allerdings vorhanden sein. Und man sollte sich mit der Branche identifizieren können. Dazu muss man wissen, dass die Chemie hierzulande sehr sauber produziert und darauf achtet, dass die Natur nicht zerstört wird. Das ist im Ausland nicht immer gewährleistet. Nach meiner Erfahrung bekommt man in der Ausbildung vielseitige Aufgaben und darf früh Verantwortung übernehmen. Es gibt eine Vielfalt an Unternehmen mit den unterschiedlichsten Produkten und Abteilungen, das bedeutet man hat viele Möglichkeiten im handwerklichen oder auch kaufmännischen Bereich etwas zu finden.  

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