Als Azubi gehört man mit einem Auslandsaufenthalt noch zu einer seltenen Spezies. In einigen Betrieben ist das Hereinschnuppern in andere Länder und Sitten inzwischen ein fester Bestandteil des Ausbildungsangebots, so auch bei der Uzin Utz AG in Ulm. BA-Student Marc Bierer verbrachte im Rahmen seiner Ausbildung bei dem Bauchemie-Hersteller vier Wochen bei einer Tochtergesellschaft seiner Firma in England. Dort erwartete ihn eine spannende Aufgabe, über die er im Interview berichtet. Außerdem erzählt er, was ihn auf der Insel überrascht hat und wie die Arbeit in einem ausländischen Chemie-Unternehmen funktioniert.
Wie kam es zu Ihrer Reise nach England?
"Im Rahmen meines dualen Studiums ermöglichte mir die Uzin Utz AG einen vierwöchigen Auslandsaufenthalt in einer unserer Tochtergesellschaften. Auf Grund der englischen Sprache fiel meine Wahl rasch auf die Uzin Ltd. in Rugby."
Mit welchen Erwartungen und welchem Ziel sind Sie nach Rugby, Warwickshire aufgebrochen?
"Erwartungen hatte ich eigentlich keine. Ich war viel mehr gespannt und aufgeregt, da ich vor meinem Abflug erfahren habe, dass ich dort das Customer Relationship Management-System implementieren soll und diesbezüglich erst in England gebrieft wurde. Neben dieser Aufgabe war mein Ziel, dass ich in den vier Wochen möglichst viel von der Arbeits- und Lebensweise und Eigenheiten der Engländer erfahren kann."
Was haben Sie als die größten Unterschiede zum deutschen Alltag wahrgenommen?
"Einen großen Unterschied gab es bereits schon am Morgen, denn das warme, so genannte Full English Breakfast differenziert sich mit gebackenen Bohnen, Wurst, Bacon, Kartoffelpuffer und Ei deutlich vom deutschen Frühstück. Auch der Arbeitsbeginn um 9 Uhr ist sehr spät und die Pausen finden nicht zu einer geregelten Uhrzeit statt, sondern können individuell gemacht werden. Die Esskultur hat mich zunächst sehr überrascht. Als ich an meinem ersten Abend Fish & Chips kaufte und gefragt wurde ob ich Essig über meine Chips haben möchte. Ich war positiv überrascht, da dies eine deutlich süßere Art von Essig ist und so habe ich es die folgenden Male sehr genossen."
Was können Sie uns über die Uzin Utz Tochtergesellschaft in Rugby erzählen und was waren Ihre Aufgaben dort?
"Zunächst war ich sehr über die Größe der Tochtergesellschaft überrascht, die mit neun Innendienstmitarbeitern und 14 Außendienstmitarbeitern kleiner war, als zu Beginn erwartet. Jedoch lernte ich das während meines Aufenthalts sehr zu schätzen, da dadurch eine sehr angenehme und schon fast familiäre Atmosphäre zustande kam. Außerdem hatte ich das Glück einige Außendienstmitarbeiter kennenzulernen. In der Tochtergesellschaft war ich zum einen für die Vorbereitung der Implementierung des Customer-Relationship-Managements in England zuständig. Wobei mein Part die Sammlung und Überarbeitung der Kundendaten aus unterschiedlichen Datenbanken sowie der Außendienstmitarbeiter und die Übersetzung fehlender Teile umfasste. Zum anderen durfte ich verschiedene Tätigkeiten in der Buchhaltung sowie dem Marketing erledigen."
Und wie haben Sie Land und Leute erlebt?
"Die englischen Kollegen waren sehr nett und hilfsbereit und haben mich auch in meiner Freizeit sehr unterstützt. Beginnend bei der morgendlichen Mitfahrgelegenheit zum Büro, dem Fahrrad, das mir eine Kollegin geliehen hat und den Tipps für ein schönes Wochenende, war ich immer bestens versorgt. Die Engländer an sich haben, wie man es erwartet, eine sehr höfliche und korrekte Art. Jedoch zeigte sich schon nach kurzer Zeit der spezielle Humor, der mich immer wieder zum Lachen brachte. Bei den Fußball-Fans wird diese feine englische Art eben mal kurz vor dem Stadion vergessen und sorgte für eine Wahnsinnsstimmung! Besonders aufgefallen ist mir die multikulturelle Gesellschaft, von der ich sehr beeindruckt war. Ich konnte auf meinen Wochenend-Trips immer wieder Menschen aus verschiedenen Ländern kennenlernen. Das hatte ich zu Beginn nicht erwartet."
Was haben Sie in Ihrer Freizeit unternommen?
"In meiner Freizeit habe ich die Stadt Rugby mit meinem „Leih-Fahrrad“ erkundet, war in der Stadt unterwegs, war joggen oder mit meiner Kollegin im Fitness Studio. In der zweiten Woche meines Aufenthaltes durfte ich sogar handwerklich aktiv werden, da ich den platten Reifen meines geliehenen Fahrrads reparieren musste. An den Wochenenden plante ich Sightseeing-Trips in die Fußballstädte Birmingham, Liverpool, Manchester und London. Dabei habe ich, auch aufgrund der regnerischen Verhältnisse, etliche Museen besucht, ein Premier League Spiel des Aston Villa angeschaut sowie eine Jack the Ripper und eine London Dungeon Tour gemacht. In Birmingham und London wurden die Sightseeing-Touren äußerst individuell gestaltet, da ich in Birmingham drei junge Engländer im Hostel kennen lernte mit welchen ich vom Uni-Campus bis hin zu einem American Football Spiel äußerst viel erlebte. In London hatte ich durch die Bekanntschaft mit einem indischen Zimmerkollegen die Chance eine indisch angehauchte Stadt-Tour zu machen, welche super viel Spaß gemacht hat."
Was waren denn Ihre größten Herausforderungen?
"Zu Beginn eines Gesprächs war es immer wieder eine Herausforderung die Leute zu verstehen und sich auf den individuellen britischen oder irischen Akzent einzustellen. Außerdem waren es eher kleinere Herausforderungen, wie sich an den englischen Straßenverkehr zu gewöhnen, da es dort äußerst hektisch zugeht und der Linksverkehr zu Beginn eine besondere Herausforderung war. Ich kann von Glück reden, dass ich immer heil von meinem Rad absteigen konnte, denn in der ersten Woche erwischte ich mich des Öfteren auf der falschen Straßenseite."
Und was haben Sie für sich mitgenommen?
"Zum einen eine spezielle Freundschaft zu meinem indischen Mate, den ich in London kennen lernen durfte und zum anderen vier Wochen voller besonderer Eindrücke. Außerdem die Erfahrung, dass es großen Spaß macht in einem anderen Land zu arbeiten und den Umgang dort zu erfahren. Hierfür ein herzliches Cheers an die englischen Kollegen sowie die Uzin Utz AG für die Ermöglichung eines solchen Aufenthalts."