Versuch macht klug, dachte sich Alexander Sturm. Er hatte sich beworben, um eine Ausbildung zu machen: als Industriekaufmann, als Verwaltungsfachangestellter, als Bankkaufmann - und als Chemikant.
"Ich hatte fünf Zusagen", erzählt der 22-Jährige. Vom städtischen Dienst über die Finanzwirtschaft bis zur chemischen Industrie reichte die Spannbreite potenzieller Arbeitgeber. "Heutzutage muss man ja flexibel sein", betont er.
Beim Chemie-Unternehmen Haltermann wurde er zum Vorstellungsgespräch und dann in der zweiten Runde zur Werkführung in Speyer geladen. "Am Schluss kam die entscheidende Frage", erinnert er sich. Noch zwei Wochen zögerte der heutige Chemie-Azubi, dann entschied er sich für Haltermann und den Beruf des Chemikanten. 2008, direkt nach der Mittleren Reife, war das.
Die Entscheidung für die Chemie war offenbar goldrichtig
"Chemie hat mich schon immer interessiert", erzählt Sturm, "schon in der Schulzeit habe ich meine Begeisterung für die Naturwissenschaften entdeckt." Direkt nach der Ausbildung zum Chemikanten bekam er einen unbefristeten Vertrag angeboten.
Während seiner Lehrzeit konnte er reichlich Erfahrung sammeln. Rund acht Betriebe der chemischen Industrie in der Region um Speyer und Ludwigshafen haben sich in einem Ausbildungsverbund zusammengeschlossen, sodass die Auszubildenden überall einmal reinschnuppern können.
Vom Ausbildungsverbund profitieren Azubis und Betriebe gleichermaßen.
"Wir werben uns nicht gegenseitig die Leute ab", betont Haltermann-Personalerin Sandra Ulrich.
Die chemische Industrie muss angesichts des Mangels an Fachkräfte-Nachwuchs, der sich immer stärker bemerkbar macht, zusammenhalten.
So praktizieren es auch die rund 100 Mitarbeiter bei Haltermann, die am Firmenstandort in Speyer beschäftigt sind.
"Hier läuft alles familiär ab", findet Sturm, "es herrscht ein fairer Umgang, ein gutes Betriebsklima. Und man wird unterstützt, auch bei der Weiterbildung."
Als er nach dreieinhalb Jahren seine Ausbildung zum Chemikanten beendet hatte, gab er sich nicht lange mit dem Erreichten zufrieden. "Im September fange ich den Industriemeister Chemie an", erzählt der 22-Jährige.
Den zugehörigen Ausbilder-Schein hat er bereits im Vorfeld erworben. "Da werden einem arbeitspädagogische Prinzipien vermittelt", berichtet Sturm, "das geht zwei Wochen lang." Fünf Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt - über die verfügt er, weil die Ausbildungszeit eingerechnet wird - kann man mit diesem von der Industrie- und Handelskammer ausgestellten Schein selbst in der Ausbildung tätig werden.
Erster Schritt: Chemikant. Zweiter Schritt: Industriemeister.
Dass er als 22-Jähriger bereits seinem gleichaltrigen Kollegen, dem Azubi Thomas Antrett, Dinge beibringen darf, genügt Sturm aber bei weitem nicht. Zurzeit ist er im Schichtdienst auf der Messwarte Destillation mit der Produktion von Stoffen für Druckfarbenöle und Schäumungsmittel beschäftigt.
Drei Jahre Abendschule stehen ihm ab September zusätzlich bevor, dann darf er sich bei erfolgreichem Abschluss Industriemeister Chemie nennen. Die Ausbildung findet drei bis vier Mal in der Woche mit zwei bis drei Stunden Unterricht statt. "Ich mache das in meiner Freizeit", erklärt er. Die Kosten werden von Haltermann übernommen. Der angehende Industriemeister zahlt es Haltermann mit Dankbarkeit und großer Motivation zurück.