Die Bewerbungen hatte er geschrieben, allerdings zu spät. Am 1. September begannen seine Kollegen mit der Ausbildung, und Kraft hatte sich darauf eingestellt, ein Jahr lang als Aushilfe im Supermarkt zu jobben. "Ich wollte ja was machen und nicht ein Jahr zu Hause rumsitzen", sagt er.
Aus einem Jahr wurde eine Woche
Bei der Chemische Fabrik Budenheim KG war ein Auszubildender bereits in der ersten Woche abgesprungen. Der Worst Case für die Abteilungen und die Personaler, denn qualifizierten Nachwuchs zu finden ist alles andere als einfach. Zum Glück hatte Kraft seine Bewerbung für einen Ausbildungsbeginn im kommenden Jahr bereits eingereicht. Mitte September kam der Anruf, am Montag drauf fuhr der Armsheimer zum Eignungstest und zum Vorstellungsgespräch nach Budenheim.
Schon mittags kam der Anruf, dass sie mich genommen haben, erinnert sich Kraft.
Am Freitag erfolgte die betriebsärztliche Untersuchung, genau eine Woche nach dem Vorstellungsgespräch wurde der Lehrvertrag unterschrieben und am Dienstag ging es in der Berufsschule los.
Das Glück war nicht selbstverständlich
"Ich hätte nicht gedacht, dass sich so schnell in meinem Leben eine glückliche Wendung ergeben würde", sagt Kraft, "ich habe mich riesig gefreut." Dass er die Bewerbungsfrist für dieses Jahr eigentlich versäumt hatte, ist seine eigene Schuld, da macht sich der Abiturient an der Georg-Forster-Gesamtschule in Wörrstadt nichts vor.
"Während der Schulzeit habe ich nicht wahrgenommen, dass es so dringend war", blickt er zurück, "die Hauptbewerbungsphase war, als ich für das Abitur viel lernen musste. Da habe ich das nicht wirklich realisiert."
Deutsch, Biologie und Geschichte hatte Kraft im Hauptfach, wirklich interessant ist für ihn aber die praktische Arbeit.
"Für mich ist dieser Beruf reizvoll, weil ich früh wusste, dass ich kein Schreibtischtäter bin", sagt Kraft. Als Industriemechaniker "muss man besonders darauf achten, dass man ziemlich genau arbeitet - es muss alles passen, sonst läuft die Maschine nicht rund. Und man arbeitet mit vielen unterschiedlichen Werkzeugen und Maschinen."
Lust auf mehr Praxis
Daher freut sich der Azubi besonders auf das zweite Lehrjahr, "auf den Praxiseinsatz, wenn ich ins Unternehmen komme und in der Werkstatt mit den Meistern und den anderen Azubis arbeiten kann". Zuvor erlernt der 19-Jährige beim Industrie-Institut für Lehre und Weiterbildung in Mainz die Grundfertigkeiten, die er für seinen Beruf braucht - gemeinsam mit Auszubildenden von Juwi oder Boehringer Ingelheim.
In Mainz bekam er übrigens bereits Besuch vom Budenheimer Betriebsrat. "Sie sind vorbei gekommen, um die neuen Azubis kennen zu lernen", berichtet Kraft stolz.
Berührungsängste mit der Chemischen Industrie hatte der Armsheimer nicht. "Für mich war das kein Thema. Heutzutage läuft ja alles nur noch mit Chemie. Das ist ein großer Wirtschaftszweig, wo einem nach der Ausbildung alles offen steht." Obwohl er erst seit wenigen Wochen bei Budenheim ist, hat er bereits konkrete Zukunftspläne:
"Im Vorstellungsgespräch wurde mir bereits in Aussicht gestellt, dass es Richtung Industriemeister oder sogar mit einem Studium über das Unternehmen weiter gehen könnte", berichtet Kraft.
Und das ist allemal besser als ein Aushilfsjob im Supermarkt.