Hin und wieder kann es Ines Günther noch gar nicht so richtig fassen: Gemeinsam mit ihren elf Kolleginnen und Kollegen hat sie die vier Jahre Ausbildung an der Technikerschule der Bildungsakademie Leuna und der Interessengemeinschaft Bildung Leuna-Merseburg (IBLM) geschafft. Insgesamt 2640 Stunden, jeweils montags, mittwochs und am Samstag. Woche für Woche drei Schultage nach der Schicht – und lernen, immer wieder lernen.
Vier harte Jahre
Die heute 28-Jährige ist nun „Staatlich geprüfte Technikerin“ in der Fachrichtung Chemietechnik, Durchschnittsnote 1,47. Seit Anfang April arbeitet sie bei Linde Leuna in der Wasserstoff-Produktion an ihrem neuen Arbeitsplatz als Schichtleiterin. „Die vier Jahre Ausbildung waren manchmal ganz schön hart“, sagt Ines Günther. Freizeit, Freunde und Familie kamen oft zu kurz, aber ans Aufgeben hat sie nie gedacht. Sie hatte schließlich ein Ziel, wusste, auf was sie sich eingelassen hat.
„Meine Arbeit als Chemikantin in der Wasserstoff-Produktion hat mir immer viel Spaß gemacht“, erzählt Ines Günther. Das Industriegas wird aus Erdgas und Wasserdampf in sogenannten Steam-Reformern hergestellt. Mit Hilfe eines Katalysators lösen sich die Wasserstoff-Atome aus den Ausgangsstoffen. Zunächst entsteht ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, letzterer wird noch ausgefiltert. Wasserstoff dient zum Beispiel als Rohstoff in der Chemie, als Zusatz in Erdöl-Raffinerien, wird zum Härten von Margarine-Fetten, als Kühlmittel und in der Chip-Fertigung genutzt.
Unterstützung vom Arbeitgeber
Neun Jahre hat Ines Günther in der Messwarte oder direkt in den Anlagen gearbeitet, die Abwechslung in den Arbeitsaufgaben geschätzt, die Zusammenarbeit mit den Kollegen, das blitzschnelle Bewältigen unerwarteter Situationen ebenso wie das ruhige Gleichmaß, wenn alles nach Plan funktionierte.
Doch der Drang nach mehr Wissen, die Chance auf neue und herausfordernde Aufgaben hat Ines Günther keine Ruhe gelassen. In Absprache mit dem Unternehmen und mit dessen großer Unterstützung habe sie die Technikerausbildung begonnen und nun auch zu einem guten Ende geführt. „Alles ist machbar. Wenn der Wille da ist, kann es jeder schaffen“, sagt sie.
Fit fürs mittlere Management
Na klar, im Vorbeigehen klappt die Ausbildung zum Chemietechniker nicht. Die Lerninhalte legen schließlich die theoretischen Fundamente zum erworbenen praktischen Wissen – Mathematik, Deutsch, Verfahrenstechnik, Analytik, MSR-Technik – um letztlich Aufgaben im mittleren Management übernehmen zu können, technische, technologische und betriebswirtschaftliche Problemstellungen zu lösen. Wie sie jetzt auf Ines Günther warten.