Beginnen wir diesen Text so, wie man eigentlich keinen Text beginnen sollte: mit einer Phrase. Und die lautet: Ordnung ist das halbe Leben. Mit der Ordnung ist das allerdings oft so eine Sache – und zwar nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch in der Chemie.
Mitte des 19. Jahrhunderts waren rund 60 chemische Elemente entdeckt. Heutzutage zählen wir zwar fast doppelt so viele, aber 60 Elemente sind schon eine Menge. Insbesondere dann, wenn man sie nicht zueinander in Beziehung setzen kann.
System aus Russland
1869 veröffentlichte der russische Chemiker Dmitri Iwanowitsch Mendelejew dann eine Lösung für dieses Problem: das Periodensystem der Elemente (PSE). Darin waren die bisher bekannten Elemente nach ihrer Atommasse angeordnet. Mendelejew teilte die Elemente mit ähnlichen Eigenschaften zudem in sieben Gruppen ein.
Die Idee, die Elemente so anzuordnen, ist ihm angeblich im Schlaf gekommen. Mit seinem PSE wagte er es sogar, noch unbekannte Elemente vorherzusagen. Es dauerte nicht lange, bis seine Annahmen als richtig bestätigt wurden.
System aus Deutschland
Wenige Monate nach der Veröffentlichung von Mendelejews PSE veröffentlichte der deutsche Chemiker Julius Lothar von Meyer eine fast identische Tabelle– unabhängig von seinem russischen Forscherkollegen.
Er war durch die Veröffentlichung von Mendelejew ganz schön unter Druck geraten. Denn Meyer hatte sich ebenfalls schon eine ganze Weile mit der Anordnung der Elemente beschäftigt.
1864 – also fünf Jahre vor Mendelejews Periodensystems – hatte er ein Lehrbuch herausgebracht, in dem gewissermaßen eine erste Version eines Periodensystems enthalten war.
Unabhängige Errungenschaft
Einige Monate nach Mendelejew zog Meyer mit seiner Abhandlung Die Natur der chemischen Elemente als Funktion der Atomgewichte also nach und veröffentlichte eine Tabelle, die fast identisch mit Mendelejews Arbeit war – nur, dass er die Elemente in sechs statt in sieben Gruppen einteilte. Und auch er schaffte es, bisher unbekannte Elemente vorherzubestimmen.
Es gilt als unbestritten, dass die beiden Forscher unabhängig voneinander auf die Anordnung gekommen sind. Beide erhielten für ihre Erkenntnisse 1882 auch die Davy-Medaille der Royal Society, die höchste britische Auszeichnung für Wissenschaftler.
Mendelejew: Der 13., 14., … 17. Spross
Dimitri Iwanowitsch Mendelejew wurde 1834 geboren. Er war eines von vielen Kindern seiner Eltern – manche Quellen behaupten, es seien 13, 14 oder gar 17 Geschwister gewesen. Als Mendelejew 15 Jahre alt war, starb sein Vater. Daraufhin zog die verarmte Familie nach Sankt Petersburg.
In seiner Schulzeit soll der spätere Chemiker nur mäßige Noten gehabt haben. Dennoch fiel seine hohe Begabung auf – er erhielt ein Stipendium für das Pädagogische Institut in Sankt Petersburg. Obwohl er häufig wegen einer Tuberkulose-Erkrankung ausfiel, besserten sich seine Zensuren. Am Institut entdeckte er auch seine Leidenschaft für die Chemie.
Wodka und Frauen
Der Russe mit dem Rauschebart arbeitete in Paris und Heidelberg, bevor er 1865 in Sankt Petersburg promovierte. Seine Doktorarbeit hatte den Titel „Über die Verbindung von Alkohol mit Wasser“. Es heißt, dass er damit die russische Wodkaherstellung verbessert hat – das ist allerdings umstritten. 1867 wurde er Professor in Sankt Petersburg. Was zwei Jahre später geschah, wisst ihr bereits.
Mendelejew beschäftigte sich auch mit der Raffination von Öl. Eine weitere Besonderheit in seinem Professorenleben: In seinen Vorlesungen waren auch Frauen willkommen. 1890 trat er dann aus politischem Protest von seiner Professur zurück.
Mendelejew war zweimal verheiratet und hatte sechs Kinder. Im Jahr 1907 starb er an einer Lungenentzündung. Auf seiner Beerdigung sollen mehrere tausend Menschen zugegen gewesen sein, um den Mann mit dem Rauschebart die letzte Ehre zu erweisen.
Von Meyer, der Tausendsassa
Über Julius Lothar von Meyer ist nicht ganz so viel bekannt. Er wurde 1830 in der Nähe von Oldenburg geboren und war das vierte von sieben Kindern. Sein Vater arbeitete als Arzt. 1851 trat er in die Fußstapfen des Vaters und begann ein Medizinstudium in Zürich, das er als Dr. med. abschloss.
Vom Lernen hatte der Mediziner dann noch lange nicht genug: Fünf Jahre später begann er ein Studium der Mathematischen Physik, was er ebenfalls mit einem Doktortitel beendete. In dieser Zeit beschäftigte sich von Meyer noch damit, physikalische Fragen mithilfe der Mathematik zu lösen. Danach wandte er sich der Chemie zu.
Die Lehre vorangebracht
In diesem Fach habilitierte er und wurde Dozent in Breslau. 1868 bekam er dann eine Professur in Karlsruhe. Da es in seiner Disziplin nur wenig Lehrmaterial gab, bereitete er den Stoff kurzerhand selbst für seine Schüler auf. Seine Modernen Theorien der Chemie wurden mehrfach neuaufgelegt.
Ende des 19. Jahrhunderts ging er an die Universität Tübingen. Bis zu seinem Tod 1895 blieb er in der Stadt in Baden-Württemberg.